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"Ich stehe auf guten Sound, natürlichen Klang, dreidimensionale Sound-Qualität. 99 Prozent von dem, was ich höre, ist durch die Bank weg Mist. Es gibt keinen Rhythm & Blues mehr, keinen Soul. Heute klingt alles wie hohle Fassade, nur noch Zuckerguß-Video-Scheiße, nur noch Image ohne Musik" (Lenny Kravitz). Frühe Jahre
Lenny Kravitz wurde als Leonard Albert Kravitz am 26. Mai 1964 in Brooklyn, New York geboren. Sein Vater Sylvester Kravitz arbeitete als Fernsehproduzent bei NBC und seine Mutter Roxie Baker war Schauspielerin (Helen aus "The Jeffersons"). Lenny wuchs als Kind zweier Kulturen halb bahamisch und halb jüdisch in der schicken New Yorker Upper Eastside auf. Wie es sich in einem guten Hause gehört, wurde das Kind mit der guten alten klassischen Musik gefüttert. Nach dem Umzug an die Westküste sang Klein-Lenny artig im renommierten "California Boys Choir", den man sich als amerikanische Variante der Regensburger Domspatzen vorstellen muß.Mit sechs Jahren kam Kravitz zur Gitarre und entdeckte als Teenager seine Liebe zu Rock, Pop und Blues, die er auf drei Eckpfeiler stellte: Jimmy Page, John Lennon und Curtis Mayfield. Nach dem Highschool-Abschluß, wo er übrigens Slash und Nicolas Cage kennenlernte, legte sich Kravitz das Pseudonym "Romeo Blue" zu. Er hüllte sich in Lack und Leder und zog durch die Clubszene von Los Angeles, wo er seine Songs zum besten gab. Doch bei den Plattenfirmen stieß Lenny mit seinen ersten Demos auf rigorose Ablehnung. Die einen fanden seine Musik zu schwarz, andere fanden sie zu weiß bzw. zu rockig oder nicht rockig genug. Zeitweise mußte ihm ein alter "Ford Escort" als Unterkunft dienen. Let Love Rule
Schließlich mietete sich Kravitz ein Studio, wo er seinen ersten Longplayer praktisch im Alleingang aufnahm (Gitarre, Baß, Drums, Percussions u. a. spielte Kravitz selbst). "Virgin" war von den Songs sehr begeistert, woraufhin im September 1989 "Let Love Rule" veröffentlicht wurde."Könnt Ihr Euch das vorstellen? Einen Bastard aus, sagen wir, Sly Stone und den späten Beatles, aus Prince und Hendrix, Rhythm & Blues, Psychedelia und Rock? Nein? Dann solltet ihr schleunigst mit diesem jungen Mann aus New York Bekannschaft machen. Kravitz erklärt das Jahr 1967 kurzerhand zum Nonplusultra der Aufnahmetechnik. Dementsprechend klingt dieses sensationelle Debüt: schwere Drums, ein ganzes Arsenal origineller Gitarrensounds, die Stimme mal ganz vorn, dann ("Freedom Train") schön beklemmend im Mix versteckt. Im Zeitalter digitaler Gleichschaltung funkelt "Let Love Rule" mit archaischer Kraft und Schönheit wie Juwel. Musik, die es sich leisten kann, Promo-Budgetes und Hip-Produzenten zu ignorieren", schrieb "ME/Sounds" (11/89) und bringt die Sache damit genau auf den Punkt. Es fällt schwer, irgendeinen Song hervorzuheben, aber das Hendrix-inspirierte "Freedom-Train", die wunderschöne Ballade "Empty Hands" und "Mr. Cab Driver" zählen zu den Highlights. "Für mich gab es nur einen guten Sound damals. Seitdem ist jedenfalls nichts besser geworden. Es kam nur immer mehr neuer Scheiß raus, immer neue Technologie. Aber das alte Zeug ist immer noch besser. Hör dir doch Stevie Wonders "Innervision" an, oder Hendrix mit "Axis Bold In Love", und sag mir, das seien keine Klassiker" (Lenny Kravitz). Mit dem Album "Let Love Rule" hat Kravitz ein Meisterwerk veröffentlicht, das man zu den Höhepunkten der ausklingenden 80er Jahre zählen muß. Die Platte rotierte in den Eingeweiden von mehr als drei Millionen CD-Playern, und verschaffte dem Newcomer eine glänzende Ausgangsbasis für die erwartete Superstar-Karriere. Madonna, Lennon, Terence Trent D'Arby, ...
Die sechs Konzerte, die Kravitz im Frühjahr 1990 in Deutschland absolvierte, sahen rund 15.000 Zuschauer. Mit einer fünfköpfigen Band konnte er auch live voll überzeugen. Im gleichen Jahr schrieb er für Madonna den Stöhn-Hit "Justify My Love", wobei besonders das dazugehörige Video (vor allem in den USA) für einen handfesten Skandal sorgte. Mit diesem Song hat Kravitz zum ersten Mal bewiesen, wie gut er für andere schreiben kann, was sich später noch öfters bestätigt.Kurz bevor 1991 im Golfkrieg die Iraker aus Kuwait zurückgetrieben wurden, stellte Kravitz den "Peace Choir" auf die Beine (bestehend aus Adam Ant, Bonnie Rain, Sean Ono Lennon, Yoko Ono, Terence Trent D'Arby, Cyndi Lauper, Tom Petty und vielen anderen), der John Lennons "Give Peace A Chance" sang. In Großbritannien durfte dieser Titel zeitweise nicht im Radio gespielt werden. Mama Said
Im April 1991 erschien dann Kravitz' zweites Werk: "Mama Said" ist wie gehabt ein superambitioniertes Gesamtpaket aus Musiken und Lebensentwürfen, die jede/r für sich einmal zu den besten zählte. Der "Metal Hammer"(!) meinte: "Lenny Kravitz, ein junger, farbiger Vertreter der alten Schule ist teils gitarrenorientierte, vom spacigen Sixties-Sound beeinflußte, längst fällige Antwort auf selbstverliebte Pop-Lutscher wie Terence Trent D'Arby.Lenny Kravitz vermag auf dieser Platte etwa wie ein Alt-Hero nach Stevie Wonders-Klasse zu klingen. "Mama Said" verschließt sich trotz rockiger Elemente dem Pop-Markt zwar nicht ganz, doch scheint dies weniger von irgendeinem Produzenten-Mogul wie etwa Quincy Jones herzuführen, der seine Schützlinge mit Plastik-haltigem Zuckerguß zu überziehen pflegt. Lenny Kravitz, der Edel-Hendrix, musikalische Schönheit, die von innen kommt". Doch vor allem von Kritikern wurde das neue Album nicht so enthusiastisch aufgenommen wie das Debüt. Man zählte einige Songs auf, deren Ursprünge bei Lennon, Hendrix und Smokey Robinson zu suchen sind. Lenny meinte daraufhin: "Ich habe meinen Stil nicht geändert. Ich sitze nicht da und denke mir: Das mache ich jetzt bewußt und ganz gezielt so und so. Meine Musik kommt einfach aus mir raus". Auf "Mama Said" spielt Kravitz wieder viele Instrumente. Auch die Texte stammen fast alle von ihm selbst. Musikalische Gastspiele geben hierbei Guns n' Roses-Gitarrist Slash ("Always On The Run", "Fields Of Joy") oder auch Sean Ono Lennon ("All I Ever Wanted"). Die Single "It Ain't Over Til it's Over" (die er in der Hoffnung schrieb, seine Ehe mit Lisa Bonnet zu retten) erreichte in den USA und Großbritannien die Top Ten und das Album verkaufte sich hervorragend. Vanessa Paradis
1992 überraschte Kravitz seine Fans durch die Zusammenarbeit mit der Französin Vanessa Paradis, die fünf Jahre zuvor als vierzehnjährige mit "Joe le taxi" auf sich aufmerksam machte. Für ihr im Herbst '92 erschienenes Album schrieb er die Texte und auch die Musik. Es ist wohl die Ironie des Schicksals, daß diese Platte, die manche für die beste Arbeit von Kravitz halten, am wenigstens bekannt ist.Nach der gescheiterten Ehe mit seiner Frau, die 1990 gemeinsames Tochterchen namens Zoë auf die Welt brach, kam Kravitz 1992 mit der schönen Französin zusammen. Diese Nähe machte das Album sehr persönlich und gefühlvoll. Die Videos mit der zerbrechlichen Paradis liefen rund um die Uhr auf MTV und das Album konnte sich europaweit in den Charts plazieren. Die Singles "Be My Baby" und "Natural High" wurden mit Platin ausgezeichnet. Durch Produktionen für Mick Jagger ("Use Me"), Madonna ("Justify My Love"), Aerosmith ("Get A Grip") oder Vanessa Paradis etabilierte sich das "zu spät geborene Blumenkind" auch als ernstzunehmender Kreativkopf und geschmackvoller Produzent, der sich trotz aller Auszeichnungen auch heute noch an seine ersten Jobs als Packer auf dem Fischmarkt, als Schuhverkäufer und Tellerwäscher erinnert. Kurz: Der Mann ist entgegen anders lautender Gerüchte richtig nett. Are You Gonna Go My Way
Und dann kam das Frühjahr 1993 und mit ihm das Album "Are You Gonna Go My Way". Die erste Singleauskopplung, nach der auch die ganze Platte genannt wurde, schoß sofort an die Spitze der Charts in der ganzen Welt.Ein schneller Rhythm-and-Blues-Track im Jimi Hendrix-Stil lies keinen Zweifel: he is the chosen and he is the one! Der Mann will alles zugleich sein: Messias und Apostel, Hendrix und Lennon, Trobadour und Schweinerocker! Auch bei "Is There Any Love In Your Heart" lassen sich noch wunderbar die Tanzbeine schwingen. Die restlichen Stücke sind aber alle recht ruhig. In seinem dritten Album zeigt sich Kravitz im Vergleich zu den Vorgänger-Alben etwas sanfter und souliger. Und kommt wieder besser auf den Punkt. "Belive" ist eine Ballade für die Ewigkeit, in der Kravitz wiedereinmal als Songschreiber glänzt. "Heaven Help", "Sugar" und "Just Be A Woman" schließen daran an. Für die Aufnahmesession lud Lenny die beiden bodenständigen Clubmusiker Craig Ross, Gitarre, und Tony Breit, Baß, ins Studio. Der flotte Dreier unternahm eine Tour de force durch Rock 'n' Roll, Rhythm & Blues, Reggae und Psychedelic. "I'm ready for Love" singt Lenny so richtig aus dem Bauch in "C'mon And Love Me". Die Mädels haben wohl schon die Bettdecke aufgeschlagen. Für das Album wurde Kravitz mit den MTV-Awards und Grammys zugeschüttet. Als Vorgruppe für die Welttour wurde Mister Robert Plant himself mit seiner Band engagiert. Lenny ist nun auf der absoluten Spitze der Rockmusik angekommen! Circus
1995 kommt Lennys viertes Werk raus - "Circus". Manche halten diese Arbeit für die schlechteste aller seiner Platten, für andere ist die aber der Geheimtip unter Kravitz' Alben. Wie beim Vorgänger-Album startet auch diese Platte mit einem schnellen und kräftigen Rock-Song: "Rock 'n' Roll Is Dead".Doch "Circus" klingt jedoch so, als ob Kravitz ihn wieder auferstehen lassen will. Lenny meinte dazu: "Der Rock 'n' Roll starb und kam als etwas anderes zurück. Ich denke, die ursprüngliche Idee - und ich meine damit die Musik, und nicht den Lifestyle - gibt es nicht mehr. Der Rock 'n' Roll zeigt sich heute als Reinkarnation durch seine Verbindung mit allen möglichen neuen Stillen: HipHop, Drum & Bass, Elektronic oder Big Beat. Alles wächst langsam zusammen. In der Rock-Musik findest du die Einflüsse des HipHop, in einer Menge HipHop-Produktionen findest du Rock-Elemente. Der Rock 'n' Roll ist heute anders. Er hat mehr neue Seiten". Wie für Kravitz typisch, ist auf "Circus" alles handgemacht. Der Meister hat dieses Album auch wieder fast im Alleingang eigespielt. Er spielt Schlagzeug, Bass und Gitarre. Während bei den Vorgängern eine Vielzahl musikalischer Einflüsse hörbar sind, konzentrieren sich die Stücke auf "Circus" überwiegend am Rock bzw. Rock 'n' Roll. Ähnlichkeiten zu Jimi Hendrix sind besonders auf dieser Platte zu erkennen. Doch trotz aller Anleihen schafft es der Dreadlock-Rocker, stilistisch eigenständig zu wirken. Wie kaum ein anderes Werk dieses Künstlers ist "Circus" gekennzeichnet von Komplexität, Energie, Kraft und Tiefgang. Lenny Kravitz macht einfach, was ihn so erfolgreich werden ließ: seine Musik. Dies ist auf diesem Album vielleicht schwer zugänglich, aber umso besser. Er spielt wieder mit Tönen und Sounds, mit Stimmungen und Phantasie. Ein beeindruckendes Werk, in dem er auch Einblicke in seine Seele zuläßt, in dem er sich öffnet und seine Vielseitigkeit sprudeln läßt. Ein sehr gelungenes Stück dürfte das ruhigere und harmonische "Circus" sein. Aufmerksamkeit sollte man auch dem wilden "Tunnel Vision" schenken, daß allerdings erst live seine volle Wirkung entfaltet. Von Partysongs bis Gänsehaut ist alles dabei, Rock und Pop, laut und leise, aber immer gut, immer Lenny, immer an der Grenze des Machbaren. 5
1997 schließt sich Kravitz für acht Monate in ein Aufnahmestudio ein und arbeitet 16 Stunden täglich an seiner fünften Platte, die passend dazu den Namen "5" trägt. Mit diesem Werk beweist Kravitz erneut sein Talent als Sänger, Songschreiber, Produzent und Multiinstrumentalist.Im Frühjahr 1998 erscheint die neue Platte und ist monatelang ununterbrochen in den Albumcharts vertreten. Für "5" bekommt Kravitz in den USA zwei mal Platin. Die Smashhits erobern den Globus und Kravitz gewinnt als erster Afroamerikaner Grammy in der Rockkategorie. Mit "5" ist Kravitz wiedereinmal eine faszinierende Mischung aus Alt und Neu gelungen. Galt Kravitz zu Beginn seiner Karriere als Pioneer, der zu den elementaren, streng analogen Aufnahmetechniken zurückgefunden hatte, greift er nun auch auf die neusten Hi-Tech-Errungenschaften zurück. "Ich habe diesmal acht Monate lang an dem Album gearbeitet, weil ich einen ganz neuen Aunahmestil lernen mußte", erklärt Lenny, "dabei war 'digital' für mich früher ein Schimpfwort. Indem wir den Sound langsam Instrument für Instrument aufgebaut haben, konnte ich die Songs wie ein Puzzle zusammensetzen. Obwohl ich seit immerhin neun Jahren Platten mache, bin ich diesmal wieder so an die Musik herangegangen, als ob es mein erstes Album wäre. Keine vorgefaßten Meinungen. Keine Erwartungen. Ich lasse mich einfach treiben". Wie immer ist seine Musik originell, vielseitig und persönlich. "Thinking Of You" ist ein Tribut an seine verstorbene Mutter. Diesen Song schrieb er kurz nach ihrem Tod. In "You Are My Flavor" und "It's Your Life" bearbeitet Lenny seine Gedanken über gemischtrassige Paare. Kravitz' Botschaft: Kümmert euch nicht um die Welt, seid einfach ihr selbst und steht zu euren Gefühlen! Die ersten zwei Singleauskopplungen "If You Can't Say No" und "I Belong To You" zeigen Lenny von seiner melodischen Seite. Und in "Fly Away" und dem Coversong "American Woman" rockt Kravitz aus der Seele. "Little Girl's Eyes" schrieb er als Vater für seine mittlerweile neunjährige Tochter. "Dieser Song war ein Geschenk zum Geburtstag meiner Tochter", sagt er. "Black Velveteen" wurde von jüngsten Nachrichtenmeldungen inspiriert: "Ich dachte über das Klonen und unsere Zukunft nach. Der Song handelt von einer virtuellen Gefährtin". Zu dem witzigen und explosiven Track "Super Soul Fighter" kommentiert Kravitz: "Das Stück handelt von einer Art Comic-Figur, die herumläuft und überall positive Vibrationen verbreitet". "Can We Find A Reason" , das letzte Stück auf dem Album , handelt von Entschlossenheit: Es wurde von einem CNN-Bericht über einen jungen Mann inspiriert, der ganz allein mit seinem Lieferwagen die Flüsse in Mississipi säubert. Mit seinen fünf Alben und den ansteckenden Live-Shows gehört Kravitz zweifellos zu den besten Musikern der letzten zehn Jahre. Er fasziniert und fesselt. Seine Musik ist die "echte" Rock 'n' Roll-, Soul- und Blues-Musik, er ist der Auserwählte, der uns rettet und uns den richtigen Weg zeigt ("Are You Gonna Go My Way")! Was macht dieser begnadete Musiker als nächstes? Vielleicht erleben wir ihn ja demnächst in Zusammenarbeit mit James Brown himself? Wir wissen es nicht und Lenny weiß es wohl auch nicht. Lassen wir uns überraschen... © alzen 2000, 2001 http://www.kravitz.de/bio.htm |
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